Stellungnahme der GEW Gießen zu den Kürzungen der Landesregierung
Schulen sollten die schönsten Orte der Stadt sein“ – Bildung stärken statt kürzen!Stellungnahme der GEW Gießen zu Besoldungskürzungen und der Wertevermittlungsoffensive der hessischen Landesregierung
Die GEW Gießen schließt sich den deutlichen Worten der Kolleg*innen der GEW – Kreisverbände aus Kassel, Groß-Gerau und dem Main-Taunus-Kreis an: Die geplante Verschiebung der Besoldungserhöhung für verbeamtete Beschäftigte in Hessen sorgt nicht nur für Frust bei den Betroffenen, sondern hat auch spürbare Auswirkungen auf das Bildungssystem und beschädigt das Vertrauen in demokratische Errungenschaften.
Die Landesregierung plant, die zweite Stufe der im Rahmen der Tarifabsprachen zugesagten Besoldungserhöhung von August auf Dezember 2025 zu verschieben – vier Monate, in denen die Beschäftigten auf ihr verdientes Gehalt verzichten müssen. Dieser Umgang mit Beschäftigten des Landes hat in Hessen Tradition: Bereits 2004 scherte Hessen aus der Tarifgemeinschaft der Länder aus. Das Bundesverfassungsgericht hat 2020 dem Land aufgetragen, eine amtsangemessene Besoldung sicherzustellen. Wieder wird diese Anpassung verschoben. Dies hat einen erheblichen Vertrauensverlust in das Land als Dienstherrn zur Folge. Wie soll der bereits bestehende Lehrkräftemangel durch diese Haltung behoben werden?
Dazu kommen der Investitionsstau in Schulgebäude und die ständig wachsenden Überlastungen im Lehrer*innenalltag, wie Kolleg*innen aus der Region Gießen immer wieder angezeigt haben. Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft. Der Bildungs-Influencer Bob Blume bringt es auf den Punkt: „Schulen sollten die schönsten Orte der Stadt sein.“
An den Schulen im Landkreis Gießen und im Vogelsbergkreis erleben wir stattdessen marode Schulgebäude, chronischen Lehrkräftemangel, Überlastung und Arbeitsbedingungen, die alles andere als motivierend sind. An vielen Schulen aus Gießen und dem Landkreis Gießen melden Kolleg*innen Überlastung – sei es durch übervolle Klassen, fehlende Vertretungskräfte oder eine unzureichende Unterstützung durch den Schulträger. Hinzu kommen bauliche Mängel, die den Schulalltag zusätzlich erschweren. Wie soll man in solch einem Umfeld Werte vermitteln. Doch stattdessen wird gespart, gestrichen und geschoben. Es ist höchste Zeit, dass endlich in Bildung investiert wird – und zwar nachhaltig.
Mehr Zeit für Schüler*innen schaffen
Ein zentraler Schritt, um die Situation zu verbessern, sind kleinere Klassen. Nur so können Lehrkräfte die nötige Zeit für ihre Schüler*innen aufbringen und sie individuell fördern. Kleinere Klassen bedeuten außerdem weniger Korrekturen, was den Lehrkräften mehr Raum für die eigentliche pädagogische Arbeit gibt – und das stärkt sowohl den Unterricht als auch die Beziehungen zu den Schüler*innen.
Werte lassen sich nicht aus einem Schulbuch vermitteln. Sie entstehen durch Vorbilder, gemeinsames Handeln und demokratische Prozesse, die im Alltag gelebt werden. Aber wie soll das gehen, wenn die Lehrkräfte bereits überlastet sind und sich die Arbeit in den Schulen immer mehr wie am Fließband im letzten Jahrhundert anfühlt?
Sparen an Bildung – eine gefährliche Entwicklung
Anstatt Schulen zu stärken, fließt das Geld in Prestigeprojekte wie den Kassel Airport – ein Flughafen, der weitgehend ungenutzt bleibt. Für die Neueinführung desDokumentenmanagementsystem DMS 4.0 werden inhaltslose Broschüren und Plakate gedruckt und in hessischen Ämtern massenweise ausgelegt - „Y wie Yippie“ ist nur eine der vielen „gewichtigen“ Aussagen aus der Broschüre. Gleichzeitig werden dringend notwendige Investitionen in Bildung und soziale Infrastruktur zurückgehalten. Und das in Zeiten, in denen die Preise steigen und die Belastung für Lehrkräfte sowie andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst zunimmt. Verlässliche Einhaltung von Lohnzusagen und eine echte Verbesserung der Bedingungen wären das Mindeste.
Demokratie braucht starke Bildung – nicht nur schöne Worte
Die Demokratie steht mehr denn je unter Druck. Auch die Landesregierung betont die Bedeutung der Demokratiebildung in Schulen - das ist grundsätzlich richtig. Aber dafür braucht es motivierte Lehrkräfte, die sich auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können. Stattdessen sieht die Realität anders aus: Kürzungen und Überlastung untergraben die Schulen und damit auch die Demokratie.
Unsere Forderung – Investition in die Zukunft
Wir fordern die Landesregierung auf, bei der vereinbarten Besoldungserhöhung im August zu bleiben und endlich ernsthaft in Bildung zu investieren. Marode Schulgebäude, überfüllte Klassen und die Überlastung der Lehrkräfte dürfen nicht länger ignoriert werden. Kleinere Klassen und bessere Arbeitsbedingungen sind ein Schlüssel, um den Lehrkräften die Arbeit zu ermöglichen, die sie jeden Tag so engagiert leisten – und das kommt letztlich allen zugute: den Schüler*innen, den Schulen und unserer Gesellschaft. Es braucht echte Taten, damit die Schulen wirklich Orte werden, an denen Demokratie und Werte wachsen können.